Urlaub mit Funkerlebnissen
Schweden im Sommer 2003
Dr. Ernst-J. Haberland, DK7AN
Es war das Salz in der Urlaubssuppe des heißen Sommers 2003. Mitteleuropa stöhnte unter der Hitze und ich (Funkamateur des Universitäts-Radio-klubs Halle/Saale) stapfte durch die ebenfalls trockene, aber nicht so heiße schwedische Natur, auf der Suche nach Erholung und geeigneten Bäumen zum Aufspannen eines Dipols, um eben mal zu probieren, wie es sich 1000 Kilometer weiter nördlich auf dem 40-Meter-Band mit 2 Watt und dem 20-Meter-Band mit 3 Watt so funkt.
Foto: Ernst, DK7AN | |
Antenne Richtung Nord – Süd | Antenne Richtung Ost – West |
Foto: Ernst, DK7AN |
Die „Spielsachen“ auf der Kofferklappe ausgebreitet |
Zu Hause wartete Reinhard, DK5RK, auf Signale seiner selbstgebauten Westentaschen-Sende-Empfänger. Danke für die Leihgabe! Die beiden Funkzwerge sollten ihre Bewährungsprobe auch unter den „rauen“ Naturbedingungen Skandinaviens bestehen – Wetter siehe oben. Vor der Abreise wurden Tag und Uhrzeit für einen Funktreff jeweils auf den Telegrafiebereich des 40- und 20-Meter-Bandes vereinbart. So stand ich am Sonntag, 3. August, um 18 Uhr mit dem ausgepackten Funkkoffer am Seeufer in Borgvik, einem kleinen Ort in Värmland, etwa so weit nördlich wie Stockholm gelegen. Im Kopfhörer piepten auf dem 40-Meter-Band die Telegrafiesignale vieler europäischer, darunter auch einiger deutscher Amateurfunkstationen. Dass meine 2 Watt europaweit gehört werden hatte ich vorher durch Funkverbindungen mit polnischen Stationen ausprobiert. Als plötzlich der Ruf „SM4/DK7AN de DK5RK“ von Reinhard leise aus dem Hintergrund auftauchte, war es soweit. Ich antwortete, aber Reinhard rief weiter. Mein Signal war offenbar in Halle zu leise.
Was konnte ich anders machen, damit unsere Verabredung doch noch klappte? Ich hatte bei diesem ersten Treff die Regel über die Richtwirkung eines gespannten Dipols nicht beherzigt. Die Antenne hing zwar am Seeufer, was eine besonders gute Abstrahlung sichert, aber die Spannrichtung war von Norden nach Süden. Die maximale Abstrahlung geschieht aber senkrecht dazu, also gerade nicht in Richtung Mitteldeutschland. Mich rief dann auch eine Station aus Finnland an, die mir ein lautes Signal bescheinigte. Zwei Tage später hing ich die Antenne in Ost-West-Richtung auf und sowohl Reinhards Signal in Schweden als auch mein Signal in Halle waren deutlich besser. Die Verbindung klappte auf Anhieb und wir plauschten mit der Morsetaste über den heißen Sommer. Leider waren die Ausbreitungsbedingungen nach Mitteldeutschland an beiden Tagen auf dem 20-Meter-Band so schlecht, dass uns dort keine Verbindung glückte.
Foto: Ernst, DK7AN | |
Hütte am Waldrand in Duse Udde bei Säffle | 3 Watt am Waldrand hörten 9 Funkfreunde außerhalb Europas |
Ein paar Tage später konnte ich auf dem Zeltplatz in Säffle (Värmland) am Waldrand in fünf Metern Höhe einen Dipol für das 20-Meter-Band in Nordwest-Südost-Richtung aufspannen. In Richtung der Bäume gelangen zwar wegen der großen Dämpfung keine Funkverbindungen, aber in den freien Richtungen hatte ich großen Erfolg. Meine 3 Watt wurden im Ural, in Usbekistan und in Jordanien gehört. Die Regel, dass die Antenne möglichst frei hängen soll, bestätigte sich hier eindrucksvoll. Auch war die Entfernung zum Vänersee zu weit, um, wie im Fall des Seeufers in Borgvik, die „Süßwasserwirkung“ zu nutzen. Man profitiert im Kurzwellenbereich von der geringen Dämpfung durch die gute Leitfähigkeit des Wassers gegenüber dem Erdboden in der Nähe der Antenne, was zu einer besseren Abstrahlung in Richtung der reflektierenden Ionosphäre führt.
Foto: Ernst, DK7AN | |
Für Grimetons Besucher außerhalb der Saison gibt es Info-Tafeln | Keine Windräder, dafür aber gigantische Antennenmasten in Grimeton |
Was es mit der freien Ausbreitung von Längstwellen über das noch besser leitende Salzwasser auf sich hat, konnte ich auf der Heimfahrt in Grimeton, südlich von Göteborg gelegen, erleben. Dort ist nämlich die historische schwedische Transatlantik-Längstwellen-Sendestation (Rufzeichen SAQ) zu besichtigen. Die Ausbreitung erfolgt im Längstwellenbereich an die Erdoberfläche gebunden. Sechs Masten von je 380 Metern Abstand und 127 Metern Höhe mit 46 Meter langen Querarmen als Sendeantenne strahlten das Signal südlich an Norwegen und nördlich an Schottland vorbei über den freien Ozean nach Amerika ab. Heute im Satellitenzeitalter zeugt diese museale Technik vom Erfindergeist der damaligen Ingenieure. Ohne Transistoren und Elektronenröhren erzeugte man damals die 200 Kilowatt Leistung auf 17,2 Kilohertz mit einem Stromgenerator mit rotierendem Anker! Einmal im Jahr, am Alexandersson-Tag, sendet SAQ für interessierte Hörer, und man braucht zum Empfang nicht einmal einen speziellen Funkempfänger, sondern man schließt die Antenne an die Soundkarte eines PC mit geeigneter Software an. Grimeton war für mich ein weiteres Funkerlebnis im Land der Elche. Es wäre reizvoll gewesen, das Westentaschen-Funkgerät an eine solche Superantenne anschließen zu können. Eine Funkverbindung mit Amerika wäre viel wahrscheinlicher gewesen als der leibhaftige Anblick eines scheuen Elchs in freier Wildbahn.