Lexikon Satellitenamateurfunk
Satellite Amateur Radio Glossary

Satellitenbahnparameter

Einige Konstanten


Satellitenbahnparameter

Einführung

Die Bahnen der Satelliten scheinen für uns Beobachter zum Teil recht kompliziert zu sein. So gibt es geostationäre Satelliten (ASTRA-Gruppe) oder Satelliten, die nur einmal pro Tag erscheinen. Andere wiederum sind alle paar Stunden für kurze Zeit (MIR, AMSAT OSCAR 27) oder auch für Stunden (AMSAT OSCAR 10) sichtbar.

Diese Bahnen entstehen durch die Überlagerung der Erdrotation mit der Bewegung der Satelliten um die Erde. Dabei bewegen sich alle Satelliten auf Ellipsenbahnen um die Erde, genauso wie es Kepler schon am Anfang des 17. Jahrhunderts für die Planeten beschrieb. Manche Ellipsen sind nahezu kreisförmig, andere wiederum sind sehr langgestreckt. Aber immer steht die Erde in einem der Ellipsenbrennpunkte.

Strenggenommen ändern sich die Bahnellipsen jedoch ständig. Ursachen hierfür sind die nicht gleichmäßige Masseverteilung der Erde, Wechselwirkungen des Satelliten mit Mond, Sonne und anderen natürlichen und künstlichen Himmelskörpern, Reibungseffekte in der Hochatmosphäre sowie andere Effekte (jedoch mit geringerer Wirkung). Dadurch sind die Bahnen komplizierte rosettenartige Gebilde, die jedoch immer für bestimmte Zeiträume durch Ellipsen angepaßt werden können.

Regelmäßig veröffentlichte Bahndaten, sogenannte Kepler-Elemente, müssen also immer wieder aktualisiert werden, da selbst Korrekturfaktoren nur für bestimmte Zeiträume gelten.


Form der Bahnellipse

Die Form einer Ellipse wird durch zwei Angaben beschrieben. Dies können die große Halbachse, die numerische Exzentrizität, die Umlaufzeit bzw. Mean Motion sein.

Große Halbachse

Die einfachste Beschreibung der Ellipsenform erfolgt über die große (a) und kleine (b) Halbachse. Der halbe Abstand zwischen den Brennpunkten der Ellipse beträgt dann

e2 = a2b2.

Für geostationäre Satelliten ist a ungefähr 36000 km, für DOVE OSCAR 17 ist a ungefähr 800 km.

Numerische Exzentrizität ε

Diese Zahl beschreibt die Form der Ellipse. Es gilt

ε2 = 1 − b2 / a2 = e2 / a2

Für eine Kreisbahn ist ε = 0, je gestreckter die Ellipse, umso mehr nähert sich ε dem Wert 1. Für ε = 1 wird die Ellipse zur Parabel (ε > 1 hyperbolische Form), die Satellitenbahn ist nicht mehr geschlossen, der Satellit entweicht in die Tiefen des Weltalls.

Bsp.: RS-15: ε = 0,014,
AMSAT OSCAR 10: ε = 0,602.

Umlaufzeit

Die Umlaufzeit ist die Zeit, die der Satellit benötigt, um wieder am gleichen Punkt in seiner Bahn zu stehen. Zwischen der Umlaufzeit und der großen Halbachse besteht gemäß den Keplerschen Gesetzen der Zusammenhang:

T2 = (4 × π2 × a3) / (G × M)

bzw.

a3 = (T2 × G × M) / (4 × π2)

Dabei ist G die Gravitationskonstante und M die Masse der Erde.

So beträgt die Umlaufzeit für WEBERSAT OSCAR 18 rund 100 min, AMSAT OSCAR 10 hat 11h 39 min Umlaufszeit.

Mean Motion

Mean Motion gibt an, wieviel Umläufe ein Satellit pro Tag ausführt. Es gilt:

MM = 86400 s / T,

wenn T in s angenommen wird.

Für geostationäre Satelliten ist MM=1, Satelliten mit niedrigen Bahnen (sogenannte LEOs) haben oft MM zwischen 10 und 15 (FUJI OSCAR 20), bei Satelliten mit hohen Orbits ist MM oft in der Nähe von 2.

Für WEBERSAT OSCAR 18 ist MM = 14,3014, für AMSAT OSCAR 10 dagegen MM = 2,0588.


Lage der Bahn im Raum

Zur Lagebeschreibung eines Körpers im Raum benötigt man immer drei Angaben, die durch die Wahl des Koordinatensystems bestimmt werden. In der Astronomie und Raumfahrt werden meistens Kugelkoordinaten verwendet.

Der Ursprung dieses Koordinatensystems wird in den Erdmittelpunkt gelegt. Die Grundebene ist die Ebene des Himmelsäquators. Das ist die Ebene, in der der Erdmittelpunkt und der Erdäquator liegen. Die Schnittlinie zwischen scheinbarer Himmelskugel und Äquatorebene erreicht genau im Osten und im Westen den Horizont und steht im Süden am höchsten (immer 90° – geographischer Breite). Schaut man im Winter zum Sternbild Orion, so markieren die drei Gürtelsterne diese Schnittlinie. Das unscheinbare Sternbild Fische liegt ebenfalls auf dieser Linie, und in diesem Sternbild liegt der Widderpunkt. Vom Widderpunkt (auch Frühlingspunkt genannt, weil hier die Sonne zum Frühlingsanfang steht) aus wird in östlicher Richtung die eine Koordinate dieses Koordinatensystems gezählt. In der Satellitenbahnberechnung erfolgt dies in Grad.

Eine weitere Bezugslinie ist die Gerade, die durch den Erdmittelpunkt und die geographischen Pole führt. Der Durchstoßpunkt durch die nördliche Himmelskugel liegt hier in der Nähe des Sternbildes Kleiner Wagen (offiziell Kleiner Bär). Auch hier wird die Gradzählung verwendet, wobei auf der Himmelsäquatorebene mit 0 Grad nach Norden aufsteigend begonnen wird.

RAAN – Right Ascension of Ascending Node (Winkel des aufsteigendenen Knotens)

Da die Erde in der Satellitenbahnebene liegt, geht die Schnittgerade zwischen Himmelsäquatorebene und Bahnebene ebenfalls durch den Erdmittelpunkt. Der Winkel, den diese Gerade mit der Gerade Erdmittelpunkt - Frühlingspunkt bildet, ist der Winkel des aufsteigenden Knotens – RAAN. Als Bezugspunkt gilt der Punkt, an dem der Satellit von der Südseite her durch die Himmelsäquatorebene auf die Nordseite wechselt, also über der Himmelsäquatorebene aufsteigt. Das RAAN wird in der Himmelsäquatorebene gezählt.

Inklination

Die Inklination ist die Neigung der Bahnebene gegenüber der Himmelsäquatorebene.

Geostationäre Satelliten haben immer eine Bahnneigung von ungefähr 0° (z. B. ASTRA 1G hat eine Bahnneigung von 0,35°).

Bei Satelliten mit polaren Bahnen beträgt die Bahnneigung mehr als 60°. Diese Satelliten fliegen also immer über die Polargebiete.

AOP Argument of Perigae (Argument des Perigäums)

Gibt die Lage des Perigäums in der Bahnebene an. Dieser Winkel wird ebenfalls wie der Winkel RAAN von der Schnittlinie Bahneebene - Himmelsäquator aus gezählt.


Weitere Angaben

Neben der Beschreibung der Form der Bahn und ihrer Lage im Raum benötigt man noch die Angabe, wo sich der Satellit zu einem bestimmten Zeitpunkt befindet.

Mean Anomaly

Die Mean Anomaly (Mittlere Anomalie, MA) gibt die Positon des Satelliten in der Bahnebene an. Der MA-Wert ist der Winkel in der Bahnebene zwischen Perigäum – Erdmittelpunkt – Satellit. Ein voller Umlauf sind 256 MA-Abschnitte (MA=256 entspricht 360°). Für den MA-Wert 0 befindet sich der Satellit im Perigäum, für den MA-Wert 128 steht der Satellit im Apogäum.

Perigäum

Das Perigäum ist der erdnächste Punkt in der Bahn eines Satelliten. Für WEBERSAT OSCAR 18 beträgt diese Entfernung 7160,9 km, für AMSAT OSCAR 10 sind es 10372 km. Zieht man nun noch den Erdradius ab, so erhält man die minimalste Höhe über der Erdoberfläche (WEBERSAT OSCAR 18: 789,9 km, AMSAT OSCAR 10: 4000,9 km).

Apogäum

Das Apogäum ist der erdfernste Punkt in der Bahn eines Satelliten. Für WEBERSAT OSCAR 18 beträgt diese Entfernung 7176,3 km, für AMSAT OSCAR 10 sind es 41835 km. Zieht man nun noch den Erdradius ab, so erhält man die maximalste Höhe über der Erdoberfläche (WEBERSAT OSCAR 18: 805,3 km, AMSAT OSCAR 10: 35464 km).

LEO

LEOs sind Low Earth Orbits-Satelliten, das heißt, sie fliegen in niedrigen Umlaufbahnen um die Erde (MM ist > 10), und sie haben nahezu kreisförmige Bahnen.

Im Gegensatz dazu stehen die Deep-space-Satelliten und die geostationären Satelliten.


Einige Konstanten

Gravitationskonstante G 6,672 E-11 m3 kg-1 s-2
Erdmasse M 5,976 E+24 kg
Erdradius r 6371,032 km